Seit Dezember 2023 arbeitet Med'EqualiTeam in der Region Thessaloniki, um dem wachsenden Bedarf an medizinischer Grundversorgung von Asylsuchenden, Geflüchteten und anderen gefährdeten Gruppen nach zu kommen. Durch die Aussetzung mehrerer Programme, die Schließung von NGOs und die geografische Isolation neuer Geflüchtetenlager stehen vertriebene Bevölkerungsgruppen vielen Hindernissen beim Zugang zur Gesundheitsversorgung gegenüber.
Aktuelle Bedingungen in Griechenland
Seit 2015 kommen Asylsuchende in die Europäische Union, die vor Krieg, Hungersnot und Verfolgung in ihren Herkunftsländern fliehen. Griechenland ist einer der Einstiegspunkte nach Europa und daher für das Asylverfahren vieler Menschen zuständig, die versuchen, dorthin zu gelangen.
Die meisten Geflüchteten in Nordgriechenland kommen aus Konflikt- oder Katastrophengebieten wie Afghanistan, Sudan, Syrien und Irak. Sie kommen auf der Suche nach Sicherheit, Stabilität und besseren Lebensbedingungen, oft nach langen und gefährlichen Reisen.
Die Menschen kommen in der Regel zuerst aus der Türkei auf griechische Inseln wie Samos oder Lesbos oder in jüngerer Zeit direkt aus Libyen auf Gavdos, eine kleine Insel südlich von Kreta. Diese Routen sind extrem gefährlich, und im Laufe der Jahre kam es zu vielen tödlichen Unfällen auf See. Nachdem sie einige Wochen in geschlossenen Lagern auf den Inseln verbracht haben, werden sie in andere Lager in Nordgriechenland umverteilt.

Karte der Ankünfte von Januar bis Juni 2025 nach Angaben des UNHCR
In Griechenland, wie auch in vielen anderen europäischen Ländern, verfolgen die Regierungen eine strenge Einwanderungspolitik, wobei es in einigen Fällen zu dokumentierten Zurückweisungen gekommen ist. Asylsuchende leben mehrere Monate, wenn nicht sogar Jahre, in Lagern, in denen sie keine finanzielle Unterstützung erhalten, unter schwierigen Lebensbedingungen leiden und nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Seit kurzem werden die Sozialversicherungsnummern der Personen deaktiviert, die den Flüchtlingsstatus erhalten, wenn diese Person sich keine Arbeit oder Wohnung sichern kann, wodurch ihr der Zugang zu kostenloser medizinischer Versorgung effektiv verwehrt wird.
Das Projekt in Nordgriechenland
Als Reaktion auf diese Situation ist Med'EqualiTeam in Nordgriechenland aktiv geworden, um Menschen auf der Flucht Zugang zu medizinischer Grundversorgung zu verschaffen. Unsere Maßnahmen konzentrieren sich hauptsächlich auf:
- Das Einrichten kostenloser medizinischer Beratung/versorgung
- Entwicklung eines Systems zur medizinischen Aufklärung
Mobile medizinische Einheit
Menschen, die in Lagern leben, ob mit oder ohne Aufenthaltsdokumentation, haben oft keinen Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung. Dies ist bedingt durch multiple Faktoren wie die geographische Isolation der Lager, unregelmäßige Anwesenheit und Betreuung durch medizinisches Personal in den Lagern sowie weitere Barrieren wie fehlende Übersetzung und finanzielle Mittel für den Transport nach Thessaloniki, um bei Bedarf spezialisierte medizinische Betreuung aufzusuchen.
Als Reaktion auf die geografische Isolation vieler Lager betreiben wir daher zusätzlich eine mobile Klinik, die offene Begegnungsstätte in der Nähe der Lager anfährt, um dort eine Grundversorgung anzubieten. Wir weiten unsere Kooperationen und Vernetzung kontinuierlich aus, um auch in schwer erreichbaren Gebiete medizinische Hilfe anbieten zu können.
Unsere Angebote sind derzeit auf verschiedene Orten aufgeteilt:
Vororte von Thessaloniki
Das Gemeinschaftszentrum WAVE wurde 2018 gegründet, um die Lücken der Versorgung unter anderem für undokumentierte Geflüchtete zu schließen. Es befindet sich in einem der sozial benachteiligten Vororte von Thessaloniki. WAVE hat zum Ziel die Grundbedürfnisse der Menschen auf der Flucht sowie sozial benachteiligte und mittellose griechische Bürger*innen zu versorgen, die keine staatlichen oder anderweitigen Versorgungsmöglichkeiten ansteuern können. Hier hat jede*r bedingungslosen Zugang zu einer Mahlzeit, Duschen, Sicherheit und einem warmen Ort, an dem man sich tagsüber ausruhen kann.
Med’EqualiTeam arbeitet auch hier, um Menschen mit unzureichenden finanziellen, legalen oder sozialen Möglichkeiten Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen. Wir betreuen Asylsuchende, die in Lagern oder in Thessaloniki leben, sowie Geflüchtete und Obdachlose der Stadt unabhängig des Dokumentationsstatus. Der grösste Bedarf liegt hier bei der Versorgung von Wundinfektionen, Hautkrankheiten und Parasitenbefall im Zusammenhang mit prekären Lebensbedingungen.

Serres
Die NGO Lifting hands international betreibt eine Begegnungsstätte auf einem Gelände in der Nähe des dortigen Flüchtlingslager. Im Juli 2025 wurde die Zahl der Asylsuchenden auf etwa 700 Geflüchtete und Asylbewerbende geschätzt.
Dieser Ort ist ein Raum, der dem Lernen, dem kulturellen Austausch und dem Aufbau einer Gemeinschaft gewidmet ist, in der die Menschen wissen, dass sie immer willkommen sind. Das Zentrum bietet täglich Englisch- und Griechischkurse, ein Informationszentrum und einen barrierefreien Gemeinschaftsraum, einschließlich eines Bereichs für Frauen und Kinder. Neben Fußball- und Volleyballplätzen verfügt der Bereich über einen kleinen Garten und bietet die Möglichkeit, Musikinstrumente zu nutzen. Außerdem wird eine Fahrradwerkstatt organisiert.
Die Patient*innen kommen aus dem Lager zu uns, wo der Mangel an Übersetzer*innen und Medikamenten oft ihren Zugang zur Gesundheitsversorgung beeinträchtigt. Im Zentrum bieten wir ihnen eine medizinische Grundversorgung und die notwendigen Behandlungen. Bei Bedarf können wir sie an andere Akteure in Thessaloniki weiterverweisen.

Ioannina
DIe griechische Stadt Ioannina liegt etwa drei Autostunden von Thessaloniki entfernt. In diesem Gebiet gibt es drei Geflüchtetenlager. Unser Team arbeitet dort in zwei verschiedenen Zentren: dem ‘ Be Aware and Share Community Center’ und ‘ Habibi.Works’.

Seit Juli 2024 arbeiten wir mit diesen beiden NGOs zusammen und kommen einmal pro Woche in deren Zentrum, um kostenlose medizinische Grundversorgung anzubieten.

In unseren Kliniken behandelte Erkrankungen
Wir behandeln in unserem Projekt zwischen 50 und 100 Patient*innen pro Woche, wobei diese Zahl seit Beginn unserer hiesigen Tätigkeit stetig steigt.
Die medizinischen Bedürfnisse und Demografie unserer Patient*innen variieren regelmäßig je nach Bevölkerung der entsprechenden Anlaufsorte. Wir behandeln sowohl Erwachsene als auch Kinder und können eine medizinische Grundversorgung einschließlich Antibiotika/medikamentöser Behandlung und Wundversorgung anbieten; was von entscheidender Bedeutung für den Behandlungserfolg bestehender Erkrankungen sowie Prävention eines Zuspitzens der Verschlechterung des Gesundheitszustands gefährdeter Bevölkerungsgruppen sein kann.
Der häufigste Behandlungsbedarf besteht in der Regel aufgrund von Atemwegsinfektionen, (infektiösen) Hautkrankheiten einschließlich Skabies, Erkrankungen des Bewegungsapparats und psychische Beeinträchtigung. Die folgende Grafik zeigt eine prozentuale Verteilung der häufigsten Beschwerdebilder in unserer Behandlung:

Verteilung der vorliegenden Beschwerden
Wir suchen regelmässigen Kontakt mit anderen NGOs und entwickeln unser Netzwerk und Wissen über die Versorgungssituation und Bedürfnisse in Nordgriechenland ständig weiter, um unseren Patient*innen über unsere eigenen Angebote hinaus bestmögliche Informationen und Zugang zu anderen Diensten anbieten zu können.
Gesundheitliche Aufklärungsarbeit
Außerhalb der Krankheitsbehandlung setzen wir uns für Prävention und Gesundheitsförderung für die Menschen ein, die wir betreuen.
Med’equaliTeam bietet in den kooperierenden Gemeinschaftszentren Seminare und Zugang zu Informationen zur gesundheitlichen Aufklärung zu verschiedenen Themen an wie psychische Gesundheit, Zahnhygiene, Ratschläge für junge Mütter, Erste Hilfe uvm. Darüber hinaus passen wir die Themen entsprechend der Nachfrage und Bedürfnissen der Teilnehmenden an. Diese Thementage sind für uns eine einzigartige Gelegenheit um mit den von uns Betreuten Kontakt aufzunehmen und Vertrauen aufzubauen, sich auszutauschen, Fragen auf Augenhöhe zu besprechen und ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse der Betroffenen zu gewinnen.
Wir bieten weiterhin kostenlose Erste-Hilfe-Schulungen zur Laienreanimation (CPR) für NGOs an, die in Nordgriechenland tätig sind. Sie sind für Freiwillige und Mitarbeitende konzipiert und sollen deren Wissen und Selbstvertrauen in der Bereitstellung von Erster Hilfe verbessern.


Unser Team
Unser Team besteht aus 3 Koordinator*innen (Außendienst/Verwaltung, Medizin und eine kombinierte Stelle für die Koordinierung von Freiwilligen und Gesundheitsaufklärung) zusätzlich zu unseren engagierten medizinischen Freiwilligen (in der Regel 2 Ärzt*innen und 1 Krankenpflegende*er) und unseren unverzichtbaren Übersetzer*innen, um unseren Patient*innen die bestmögliche Versorgung zu bieten.
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