Seit Dezember 2023 arbeitet Med'EqualiTeam in der Region Thessaloniki, um den wachsenden Bedarf an medizinischer Grundversorgung von Asylsuchenden, Flüchtlingen und anderen gefährdeten Gruppen zu stützen. Durch die Aussetzung mehrerer Programme, die Schließung von NGOs und die geografische Isolation neuer Geflüchtetenlager stehen vertriebene Bevölkerungsgruppen vielen Hindernissen beim Zugang zur Gesundheitsversorgung gegenüber.
Aktuelle Bedingungen in Griechenland
Seit Sommer 2015 kamen zahlreiche Asylsuchende in die Europäische Union, die vor Krieg oder Elend in ihren Herkunftsländern flohen. Griechenland ist einer der Einreisepunkte, Aufgrund seiner geographischen Lage mit Nähe zur Türkei und Lage auf der Balkanroute ist Thessaloniki zu einem Schlüsselgebiet auf dieser Route geworden.
Bis Dezember 2022 wurden viele Menschen in Thessaloniki im Rahmen des ESTIA II-Programms (Nothilfe für Integration und Unterbringung) untergebracht. Nach Abschluss dieses Programms wurden etwa 10.000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben und entweder in neue kontrollierte und abgelegene Lager gezwungen oder ohne Unterstützung bei der Suche nach einer eigenen Unterkunft zurückgelassen, wodurch die Zahl der Asylsuchenden und Geflüchteten, die in verschiedenen Städten auf der Straße leben, zunahm.
Darüber hinaus erhalten die griechischen Inseln wie Samos und Lesbos weiterhin einen großen Zustrom von Asylsuchenden, die regelmässig bei Überfüllung der Lager auf den Inseln in Lager in Nordgriechenland verlegt werden.
Das Projekt in Nordgriechenland
Med'EqualiTeam ist in Nordgriechenland tätig, um Menschen auf der Flucht Zugang zu medizinischer Grundversorgung zu verschaffen. Unsere Maßnahmen konzentrieren sich hauptsächlich auf:
- Das Einrichten kostenloser medizinischer Beratung/versorgung
- Entwicklung eines Systems zur medizinischen Aufklärung
Mobile medizinische Einheit
Menschen, die in Lagern leben, ob mit oder ohne Aufenthaltsdokumentation, haben oft keinen Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung. Dies ist bedingt durch multiple Faktoren wie die geographische Isolation der Lager, unregelmäßige Anwesenheit und Betreuung durch medizinisches Personal in den Lagern sowie Barrieren wie fehlende Übersetzung und finanzielle Mittel für den Transport nach Thessaloniki, um bei Bedarf spezialisierte medizinische Betreuung aufzusuchen.
Als Reaktion auf die geografische Isolation vieler Lager betreiben wir daher zusätzlich eine mobile Klinik, die offene Gemeinschaftszentren in der Nähe der Lager anfährt, um dort eine Grundversorgung anzubieten. Wir weiten unsere Kooperationen und Vernetzung kontinuierlich aus, um die Abdeckung schwer erreichbarer Gebiete zu erweitern..
Unsere medizinischen Aktivitäten werden in mehreren Bereichen eingesetzt:
Vororte von Thessaloniki
Das Gemeinschaftszentrum WAVE wurde 2018 gegründet, um die Lücken der Versorgung für unter anderem undokumentierte Geflüchtete zu schließen. Es befindet sich in einem der sozial benachteiligten Vororte von Thessaloniki. WAVE hat zum Ziel die Grundbedürfnisse der Menschen auf der Flucht sowie sozial benachteiligter und mittelloser Griechen:Innen zu versorgen, die keine staatlichen oder anderweitigen Versorgungsmöglichkeiten ansteuern können. Hier hat jede:r bedingungslosen Zugang zu einer Mahlzeit, Duschen, Sicherheit und einen warmen Ort, an dem man sich tagsüber ausruhen kann.
Med’EqualiTeam arbeitet auch hier, um Menschen mit unzureichenden finanziellen, legalen oder sozialen Möglichkeiten zum Zugang medizinischer Versorgung eine solche Betreuung zu ermöglichen. Wir betreuen Asylsuchende, die in Lagern oder in Thessaloniki leben, sowie Geflüchtete und Obdachlose der Stadt unabhängig des Dokumentationsstatus. Der grösste Bedarf liegt hier bei der Versorgung von Wundinfektionen, Hautkrankheiten und Parasitenbefall im Zusammenhang mit prekären Lebensbedingungen.
Lagkadikia
Im Dorf Lagkadikia betreibt die NGO ‘IHA ’ (Intereuropean human aid association) ein Gemeinschaftszentrum, nahe einer Geflüchtetenunterkunft mit bis zu 500 bewohnenden Geflüchteten und Asylsuchende.
Hier wird ein Ort des Lernens, des kulturellen Austauschs und des Gemeinschaftsaufbaus angeboten, ein Ort, an dem sich Menschen immer willkommen wissen. Das Zentrum bietet täglich Englisch-, Griechisch- und Deutschunterricht, ein Informationszentrum und einen zugänglichen Gemeinschaftsraum an, darunter zusätzlich einen kinderfreundlichen Raum und einen speziellen Rückzugsort für Frauen.
Die Patienten:Innen in Lagkadikia kommen primär aus der Geflüchtetenunterkunft zu uns, wo meist der Mangel an Übersetzung und damit adäquate Kommunikation sowie Mangel am Zugang zu notwendigen Medikamenten Auswirkungen auf ihren Zugang zur Gesundheitsversorgung und ihre Gesundheit hat. In einem separaten Raum im Gemeinschaftszentrum bieten wir ihnen medizinische Grundversorgung unter Übersetzung sowie die notwendige Behandlung an. Bei Bedarf koordinieren wir eine weitere Versorgung durch anderweitige Anlaufstellen/spezialisiertere Behandlung in Thessaloniki. Seit der Eröffnung haben wir mehr als 1000 Patienten:Innen behandelt, hauptsächlich bei Atemwegs- und Magen-Darm-Infektionen, die durch die Lebensbedingungen in den Lagern bedingt oder weiter verschlimmert werden.
Ioannina
Ioannina ist eine Stadt, die drei Autostunden von Thessaloniki entfernt liegt, in diesem Gebiet gibt es drei Geflüchtetenlager. Unser Team arbeitet dort in zwei verschiedenen Zentren: dem ‘ Be Aware and Share Community Center’ und ‘ Habibi.Works’.
Seit Juli 2024 arbeiten wir mit diesen beiden NGOs zusammen und kommen einmal pro Woche in deren Gebiet, um kostenlose medizinische Grundversorgung anzubieten.
In unseren Kliniken behandelte Erkrankungen
Wir behandeln in unserem Projekt zwischen 50 und 100 Patienten:Innen pro Woche, wobei diese Zahl seit Beginn unserer hiesigen Tätigkeit stetig steigt.
Die medizinischen Bedürfnisse und Demografie unserer Patienten:Innen variieren regelmäßig je nach Bevölkerung der entsprechenden Anlaufsorte. Wir behandeln sowohl Erwachsene als auch Kinder und können eine medizinische Grundversorgung einschließlich Antibiotika/medikamentöser Behandlung und Wundversorgung anbieten; was von entscheidender Bedeutung für den Behandlungserfolg bestehender Erkrankungen sowie Prävention eines Zuspitzens der Verschlechterung des Gesundheitszustands gefährdeter Bevölkerungsgruppen sein kann.
Der häufigste Behandlungsbedarf besteht in der Regel aufgrund von Atemwegsinfektionen, (infektiösen) Hautkrankheiten einschließlich Skabies, Erkrankungen des Bewegungsapparats und psychische Beeinträchtigung. Die folgende Grafik zeigt eine prozentuale Verteilung der häufigsten Beschwerdebilder in unserer Behandlung:
Verteilung der vorliegenden Beschwerden
Wir halten regelmässigen Kontakt mit anderen NGOs und entwickeln unser Netzwerk und Wissen über die Versorgungssituation- und Bedürfnisse in Nordgriechenland ständig weiter um unseren Patienten:Innen über unsere eigenen Versorgungsmöglichkeiten hinaus bestmögliche Informationen und Zugang zu anderen Diensten/Angeboten anbieten zu können.
Gesundheitliche Aufklärungsarbeit
Außerhalb der Krankheitsbehandlung setzen wir uns für Prävention und Gesundheitsförderung für die Menschen ein, die wir betreuen.
Med’equaliTeam bietet in den kooperierenden Gemeinschaftszentren Seminare und Zugang zu Informationen zur gesundheitlichen Aufklärung zu verschiedenen Themen an wie psychische Gesundheit, Zahnhygiene, Ratschläge für junge Mütter, Erste Hilfe uvm. Darüber hinaus passen wir die Themen entsprechend der Nachfrage und Bedürfnissen der Teilnehmenden an. Diese Sitzungen sind für uns eine einzigartige Gelegenheit um mit den durch sie Betreuten Kontakt und Vertrauen aufzubauen, sich auszutauschen, Fragen auf Augenhöhe zu besprechen und ein besseres Verständnis über die Bedürfnisse der Betroffenen zu gewinnen.
Wir bieten weiterhin kostenlose Erste-Hilfe- und Schulungen zur Laienreanimation (CPR) für NGOs an, die in Nordgriechenland tätig sind. Sie sind für Freiwillige und Mitarbeitende konzipiert und sollen deren Wissen und Selbstvertrauen in der Bereitstellung von Erster Hilfe in der Unterstützung der durch sie Betreuten verbessern.
Wenn Sie an einem Erste-Hilfe-Training oder an einem Training zur Gesundheitlichen Aufklärung für NGOs und deren Betreuten interessiert sind, nehmen sie gern Kontakt auf unter thessa.health@medequali.team
Unser Team
Unser Team vor Ort besteht aus einer projektkoordinierenden und einer medizinisch koordinierenden Person, ausserdem unseren engagierten medizinischen Freiwilligen (in der Regel 2 Ärzt*Innen und 1 Krankenpflegende) und unseren unverzichtbaren Übersetzenden um unseren Patienten*Innen die bestmögliche Versorgung zu bieten.
Möchten Sie Teil unseres Teams werden? Schauen Sie sich unsere Freiwilligenseite an!